Voll, voller, Innenstadt: Megatrends wie die Re-Urbanisierung sorgen für große Herausforderungen. Eine davon ist die dadurch steigende Nachfrage nach innerstädtischen Flächen. Vor allem im Bereich des Wohnens wird seit einigen Jahren fieberhaft nach Lösungen gesucht. Ein vermeintlicher Ansatz um das Problem zu lösen, ist die Aufstockung von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien. Aber wie sinnvoll ist das tatsächlich?

Viel Luft nach oben?

Jeder kennt die klassische Lebensmitteleinzelhandelsimmobilie – von denen sich auch im Portfolio von FLEX Fonds die ein oder andere findet: einstöckige Bauten mit Flachdach, umgeben von einem großen Parkplatz. Hier sieht manch einer ungenutzte Flächen mitten in der Stadt. „Nachverdichtung“ ist in diesem Zusammenhang das Schlagwort. Dabei werden bestehende Gebäude aufgestockt – sei es der Supermarkt, das Wohnhaus oder ein Parkhaus. Denn wenn in der Horizontalen sämtliche Potenziale ausgenutzt sind, warum nicht vertikal denken?

Und aktuelle Zahlen zeigen, dass gerade in Deutschland diesbezüglich noch großes Potenzial besteht. Im europäischen Vergleich sind deutsche Städte noch recht dünn besiedelt. So leben beispielsweise in der Mainmetropole Frankfurt lediglich 2.960 Einwohner auf einem Quadratkilometer (Stand 2018), während es in Paris mehr als 22.000 Menschen auf einem Quadratkilometer sind und selbst in London 12.600 Menschen.

Vergangenes Jahr haben Forscher der TU Darmstadt die ungenutzten Möglichkeiten einer „Nachverdichtung“ von Nicht-Wohngebäuden untersucht – also Supermärkten, Parkhäusern und Bürogebäuden. Das Ergebnis der “Deutschland-Studie 2019”: Dort könnten bundesweit 1,2 Millionen Wohnungen entstehen.

Und gerade LEH-Immobilien, die sogenannten „Flachmänner“, eignen sich aufgrund ihrer Größe hervorragend für eine Aufstockung: unten Supermarkt, oben Wohnraum, Kita oder Büro. In den einigen deutschen Städten, wie etwa München oder Frankfurt, wurde dieses Konzept bereits erfolgreich umgesetzt. Doch wer jetzt meint, damit seien alle Probleme gelöst, der irrt.

Gerald Feig rät: Auf dem Boden bleiben

Auch wenn dieses Konzept durchaus Potenzial bietet: Nicht alle LEH-Immobilien eignen sich für eine Aufstockung. Denn wie ein Beispiel aus Frankfurt zeigt, ist es so einfach nicht. Dort hat ein großer Discounter gemeinsam mit einer Wohnungsbaugesellschaft die Erhöhung eines Marktes in der Innenstadt geplant. Um dieses Projekt umzusetzen, musste jedoch zunächst der ursprüngliche Bau abgerissen werden. Denn oft scheitert eine „einfach Aufstockung“ schon an der Statik der Gebäude. Und eine weitere Untersuchung des Planungsdezernats der Stadt Frankfurt hat gezeigt, dass sich von den insgesamt 213 Supermärkte im Stadtgebiet lediglich 19 Märkte dazu eignen, das entspricht dem Neubau von 1.200 Wohnungen. Ein kleiner Tropfen auf einen sehr heißen Stein.

Gelungenes Investment oder fixe Idee?

Diese Zahlen zeigen deutlich: Die Aufstockung von LEHs ist nicht der Allheilsbringer. Und neben den harten Fakten spielen auch viele softe Faktoren in eine solche Entscheidung mit ein: Noch immer schrecken viele potenzielle Mieter vor dem Wohnen über einem Supermarkt zurück. Sei es die befürchtete Lärmbelästigung durch anliefernde Lkw, die auch durch geräuschgedämmte Rolltore nicht lautlos von statten geht, oder der Verkehr auf dem Parkplatz selbst.

So gilt auch in diesem Investitionsbereich wie so oft: Es bedarf einer kritischen Betrachtung jedes einzelnen Investments und einer damit verbundenen jahrelangen Expertise. Meine Empfehlung als Geschäftsführer von FLEX Fonds und „Urgestein“ der Branche: Schon bei der Entwicklung einer solchen Immobilie die Möglichkeiten einer (zukünftigen) Aufstockung bedenken. Dann steht einer erfolgreichen Investition in ein solches Objekt nichts im Wege.