Privatanleger, die in geschlossene Fonds investiert haben, haben in den vergangenen Jahren so einiges erlebt – von der Finanzkrise 2008 über die Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) bis hin zu MiFID II. Jetzt also auch noch Corona.
Das waren noch Zeiten, damals, in der „schönen alten Fondswelt“ vor der Finanzkrise von 2008. Jahrelange Umsatzsteigerungen, immer neue Fondskonstruktionen und Investitionsziele, eine unermüdlich laufende Vertriebsmaschinerie, das beständige Trimmen auf Rendite – und all das vor dem Hintergrund des konjunkturellen Aufschwungs der Vorjahre. Da wurde dann auch das Ende der Nutzungsmöglichkeit als Steuersparmodelle, wie es vor allem in den 80er und 90er Jahren gang und gebe war, im Jahr 2005 von der Branche überraschend gut weggesteckt.
Dann die Zäsur: erst die Lehman-Pleite im September 2008, und in der Folge dann eine Regulierungswelle nach der anderen. Die gravierendste dürfte wohl die Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) im Jahr 2013 gewesen sein, mit der die europäische Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), wie geschlossene Fonds, die nicht in liquide Wertpapiere investieren, seitdem firmieren, in deutsches Recht umgesetzt wurde. Vor der Regulierung durch das KAGB galt der Markt für geschlossene Fonds als Teil des grauen, weil wenig regulierten Kapitalmarktes. Mit dem KAGB entstand in Deutschland erstmals ein gemeinsames Regelwerk für Anbieter offener und geschlossener Investmentfonds – mit all seinen dazugehörigen Implikationen und Komplikationen.
Das KAGB eröffnet die „neue Fondswelt“
Die Änderungen öffneten die Tür für die „neue Fondswelt“: Seitdem wird unterschieden zwischen geschlossenen Publikumsfonds nach „altem Recht“, sogenannten Altfonds, und den Publikums-AIF mit verschärften Auflagen. Für die Altfonds wurde ein Bestandschutz eingeführt – getreu dem Motto „gut gedacht, schlecht gemacht“ birgt dieser jedoch seine Tücken, indem er die Grundlage für eine Anpassung des Fonds beziehungsweise der Fondsobjekte an aktuelle Bedingungen entzieht, sodass oftmals nur die Auflösung bleibt. Umso mehr ist seitdem die Position des Fondsmanagers gefordert – und zwar nicht nur in Bezug auf die ordentliche Abwicklung eines Fonds, sondern in erster Linie in der klaren und vertrauensvollen Kommunikation mit den Anlegern. Nichtsdestoweniger kam der Markt für geschlossene Fonds in den Folgejahren praktisch zum Erliegen: Waren es 2013 noch rund 400 Anbieter am Markt, so schrumpften diese in den Jahren danach auf gerade mal noch rund 30 zusammen. Jahrelang hatte die Assetklasse bei vielen Privatanlegern keinen guten Ruf.
MiFID II macht die Sache noch komplexer
Zu Jahresbeginn 2018, als die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II die privaten Anleger traf, wurde die Sache für Fondsmanager durch die von nun an strenger geforderte Kostentransparenz sowie die Pflicht zur Zielmarktbestimmung noch einmal komplizierter: Im Rahmen von letzterer rückte die Risikokategorisierung in sieben Risikoklassen in den Vordergrund – eine Herausforderung für geschlossene Fonds, welche, in erster Linie aufgrund fehlender historischer Wertentwicklungen, in der Regel in eine der oberen Risikoklassen sechs oder sieben eingeordnet werden. Nachvollziehbar, dass auch das nicht gerade motivierend auf zögerliche Anleger wirkte.
Ein Revival schien lange Zeit unwahrscheinlich. Allmählich erholt sich die Assetklasse geschlossene Fonds aber wieder: Im Lauf des Jahres 2019 belief sich das Netto-Mittelaufkommen bei geschlossenen Spezialfonds in Deutschland nach Angaben des Deutschen Fondsverbands BVI auf 4,17 Milliarden Euro und betrug damit das Zehnfache noch des Wertes von 2016 (464,4 Millionen), also dem Jahr nach Inkrafttreten der restriktiven Regulierung. Bei Publikumsfonds gestaltete sich der Anstieg sogar noch spektakulärer: Von -2,7 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 161,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Während die 2016er Zu- und Abflüsse in Publikumsfonds noch ausschließlich auf Immobilien-AIFs zurückzuführen waren, erfreuen sich letztere zuletzt wieder zunehmender Beliebtheit: geschlossene Immobilienpublikumsfonds legten seitdem von -2,7 Millionen auf 195,9 Millionen Euro zu. Unter den geschlossenen Immobilienspezialfonds verzehnfachte sich der Wert zwischen 2016 und 2019 (von 156,4 Millionen auf 1,89 Milliarden Euro), Diesen Trend, der mit der KAGB-Regulierung auftrat, spiegelt auch die Integration des Branchenverbands „Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen“ (bsi) in den ZIA wider, die im Juni 2017 vollzogen wurde.
Nun also Corona: Es ist davon auszugehen, dass Anleger in Zeiten der Pandemie weniger bereit sind, langfristige Investments zu tätigen. Entsprechend dürften sich Vertriebsstarts von Fonds verschieben und die Konzeption neuer Produkte sogar vorerst gestoppt werden, wie die Ratingagentur Scope kürzlich analysierte. Sicher wissen kann man das alles natürlich erst hinterher. Bis dahin gilt auch hier, das vertrauensvolle Gespräch mit dem Fondsmanager zu suchen und im Zweifelsfall erst einmal auf Sicht zu fahren.
Dieser Text ist am 13. Mai 2020 auf Wallstreet Online erschienen.