Es ist beeindruckend, wie schnell in dieser außergewöhnlichen Lage auf akute Probleme reagiert wird. Sei es die Förderung von freischaffenden Künstlern, die finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Familien oder die Möglichkeit für Gewerbetreibende, für die nächsten Monate ihre Miete zu stunden.

Und doch birgt diese richtige und wichtige Solidarität auch Gefahren. Denn oft wird vergessen, dass hinter der Vermietung von Wohn- oder Gewerbeobjekten ein Privatanleger steckt. Wie ungleich die Solidarität derzeit verteilt ist, zeigt sich anhand eines aktuellen Gesetzentwurfs. Demnach sollen Wohn- und Gewerbemieter mit Mietschulden von April bis Juni vor Kündigungen geschützt werden, sofern die Mietschulden auf Auswirkungen des Corona-Virus zurückzuführen sind. Eine Verlängerung des Zeitraums durch den Gesetzgeber ist zudem jederzeit möglich. Gleichzeitig bleibt die Verpflichtung der Mieter zur fristgerechten Mietzahlung bestehen. Beides ist richtig und wichtig. Für beide Parteien ist somit eine vermeintlich gute Lösung gefunden worden.

Der Verlierer ist im Zweifelsfall der Privatanleger

Und doch geht diese Rechnung nicht auf – beziehungsweise nur in Teilen. Zunächst wären da die „schwarzen Schafe“ unter den Händlern, denen es finanziell auch schon vor der Corona-Krise schlecht ging. Sie werden den Kündigungsschutz ausnutzen, um die Miete einfach ganz einzubehalten, wenn sie es nicht vorher auch schon getan haben. Das ist weder fair noch rechtens. Zum anderen wird ein wichtiger Akteur in der Mietbeziehung einfach übersehen, nämlich die Bank. Diese spielt neben Mieter und Vermieter eine entscheidende Rolle. Weil zur Finanzierung der Immobilien ein Teil der Mietbezugsrechte als Sicherheit bei der Bank liegen. Der Vermieter hat also oftmals gar nicht das alleinige Recht darüber zu entscheiden, ob Mieten einfach ausgesetzt oder gestundet werden dürfen.
In sogenannten Mietzessionserklärungen, die der Eigentümer bei der Objektfinanzierung unterzeichnet, tritt der Eigentümer alle Rechte aus den Mieterträgen an die finanzierende Bank ab. Mit jeder Erklärung, die er ohne die Zustimmung der finanzierenden Bank trifft, verstößt er mittelbar gegen seine vertraglichen Verpflichtungen. Ein solcher Weg findet im Gesetzesentwurf des Deutschen Bundestags vom 24. März 2020 nämlich keine Berücksichtigung. Wird hier die Rechnung ohne den Wirt gemacht?

Mietstundung vs. Mieterlass

Ich bin sehr wohl für individuelle Absprachen mit einzelnen Mietern, sofern dies zulässig ist. Dazu gehört allem voran ein vertrauensvolles Verhältnis, auf dem man aufbauen kann. Eine mögliche individuelle Absprache wäre, die Miete auf einen Zeitraum von zunächst drei Monaten mit 50 Prozent zu stunden und für die offenen Mietforderungen bis zum Ende der Corona-Krise einen moderaten Rückzahlungsplan zu vereinbaren. Je nachdem, wie lange diese andauert und welche staatlichen Hilfen gestellt wurden, kann dann entschieden werden, inwiefern die gestundete Miete beglichen wird. Wichtig ist aber, dass den Beteiligten klar ist, dass eine Mietstundung kein Mieterlass ist.

Doch wenn nun Händler oder Gewerbetreibende die Miete einfach einbehalten und sich hierfür auf den neuen Gesetzentwurf und den damit verbundenen Kündigungsschutz stützen, dann muss diesen wenigen schwarzen Schafen eines klar sein: Sie schaden nicht nur ihrem Vermieter, der eventuelle Forderungen nicht erfüllen kann. Häufig sind Gewerbeobjekte Teil eines Fondsportfolios. Große Filialisten haben damit begonnen, auf dünner Eisfläche den Vermieter schlicht in Kenntnis zu setzen, dass er bis auf weiteres die Miete nicht schuldet. Teils mit dubiosen Erklärungen, nämlich dass infolge der Nichtnutzbarkeit die Mietzahlung ausgesetzt werden darf. Hier hat der Gesetzgeber mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ klar Stellung bezogen und die Mietschulden für existent erklärt. Behalten Mieter – entgegen geltendem Recht – ihre Mietzahlungen einfach ein, sorgen sie nicht nur dafür, dass der Vermieter in Schwierigkeiten kommt. Auch Fondsgesellschaften könnten in Schieflage geraten, da sie nicht nur mögliche Ausschüttungen nicht mehr leisten können, sondern im schlimmsten Fall sogar die Zahlungsunfähigkeit drohen kann. Für diesen Fall jedoch gibt es keinen Gesetzesentwurf. Diese trifft zwar auch den ein oder anderen institutionellen Investor – aber vor allem den privaten Anleger.

„Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“

Dass momentan ein Ruck durch unsere Gesellschaft geht, hat durchaus begrüßenswerte Aspekte – und sei es die Wertschätzung der „systemrelevanten Berufe“ und der Schutz einzelner kleiner Gewerbe. Aber wer meint, mit dem Aussetzen der Miete würde ein kleiner Gewerbetreibender gerettet, während irgendein Großaktionär auf ein wenig Miete verzichten muss, der irrt.

Mein ganz persönliches Fazit ist, dass es in der momentanen Situation einmal wichtiger ist, ein gutes Verhältnis mit Mietern und Investoren zu pflegen, um auf Augenhöhe vermitteln zu können. Denn jedwede Form der Solidarität muss auch rechtlich abgesichert werden – sonst fällt sie allen Beteiligten früher oder später auf die Füße.